Laurentiusstatue

Oskar Goebel

Expertise zur Laurentiusstatue
08.04.2002

„Die Welt schreibt das Jahr 1945. Ein unseliger Krieg naht sich dem Ende (2.Weltkrieg 1939-1945)

Alle Fronten in Ost, Süd, West und Nord brechen zusammen. Es gibt nur noch Tote oder Gefangene. Mein Bruder Jupp ist in Griechenland in Gefangenschaft, Ich geriet nach den Rückzugskämpfen durch das Elsaß, Pfalz, Baden, Württemberg und Bayern am 1. Mai 1945 bei Heilbronn in amerikanische Gefangenschaft. Seit August 1944 hatte ich keine Nachricht mehr von meinen Lieben daheim, die zweimal evakuiert wurden (Hackenheim bei Kreuznach und Saarwellingen). Wie ich später erfuhr, erhielten auch sie keine Post mehr von mir.

Mitte Juli 1945 wurden wir gegen Abend in einen langen Gefangenentransportzug (offene Waggons) verfrachtet, der uns — nach einer Lagerparole — zur Entlassung nach Ludwigshafen bringen sollte. Die Richtung stimmte. Die Waggons rollten — aber über Ludwigshafen hinaus über Straßburg, dann quer durch Frankreich bis zur Kanalküste. In Bolbec kamen wir in ein Zwischenlager, danach in ein größeres in Le Havre, wo wir bis Anfang August blieben. Hier wurde erneut ein Gefangenentransport zusammengestellt, zu dem auch ich gehörte.

Wir fuhren dieselbe Strecke zurück. Als wir den Bahnhof Metz passierten, folgerte ich, dass unsere Weiterfahrt wohl über Überherrn gehen würde. Hier konnte ich vielleicht ein Lebenszeichen geben. ich schrieb auf einen Zettel die Adresse von Hülzweiler dazu: << Es geht mir gut, bin gesund und werde wohl bald entlassen».

Der Zug hielt tatsächlich auf dem Bahnhof Überherrn, Als er sich wieder in Bewegung setzte, sah ich einen Buben in einer Entfernung von 100 — 150 m, der auf einer Haustüre stand. ihm winkte ich, machte durch Gesten aufmerksam, dass ich einen Zettel abwerfen werde. Ich hatte Erfolgt Wie ich später erfuhr, fand der Junge meinen Zettel und brachte ihn nach Hülzweiler. Hier wurde er abgegeben auf Laurentiusstag ( 10. August 1945).

Unser Transport endete in Heilbronn. Wenige Tage danach wurde ich entlassen und konnte meine Lieben in die Arme schließen.

Nun warteten wir auf ein Lebenszeichen von meinem Bruder Jupp. Als er dann Anfang Dezember 1945 entlassen wurde, war die Freude groß und wurde gefeiert.

An einem Sonntagnachmittag lud Papa Jupp und mich zu einem Spaziergang zur Laurentiuskapelle ein. Hier erzählte er uns; ich zitiere Papa: << Ich habe mit ihm — dabei zeigte er auf den Laurentius, der durch die Kriegsjahre stark beschädigt war — einen Vertrag gemacht und ihm gesagt: Wenn du meine beiden Söhne heil heimbringst, dann stelle ich einen neuen Laurentius hier hin, und zwar umsonst. Ich bin mit den beiden hier, du hast den Vertrag erfüllt, nun werde ich auch meinen Teil erfüllen.»

Und so entstand dann später — gemeißelt — der Laurentius Nr. 2. Vater suchte lange Zeit nach einem geeigneten Steinblock, doch ergebnislos. 1949 sagte er sich, dass es an der Zeit sei, an den Laurentius zu gehen (2 Jahre später starb Vater, am 29.12.1951).

Er machte eine entsprechende Form aus Holz und füllte diese mit Terrazzo (wie die Grabsteine). Aus diesem Block meißelte er dann den Laurentius, wie wir ihn kennen. 1949 fand er dann an der Kapelle seinen Platz.

1984 ließ der Pastor Biesel das innere der Kapelle renovieren und die Außenanlage neu gestalten. in diesem Zusammenhang musste der Laurentius — er war beschädigt — seinen Platz räumen. Pastor Biesel wollte ihm einen Ehrenplatz im Pfarrgarten geben. Darüber unterrichtete mich der damalige Ortsvorsteher Viktor Becker. ihm gegenüber sagte ich meine NEIN zu diesem Plan und begründete es auch (unser Sonntagsbesuch an der Kapellel). — Einige Tage später brachten 3 Gemeindearbeiter auf einem 2- rädrigen Anhänger unsern Laurentius zu unserem Anwesen, wo er einen geeigneten Platz fand, umgeben von Blumen und Forsythien.

Jeden Sonntag und an jedem Familienfest erhält er sein Lichtchen; er ist ganz einbezogen in unser Familienleben.

Ein besonderer Dank gilt meinem Sohn Bernd, dem die Statue sehr am Herzen lag und sich sehr um sie kümmerte. Er ersetzte die fehlende linke Hand und erneuerte auch die Siegespalme in der rechten Hand. Er war es auch, der nach einigen Jahren den Standort änderte, er war es auch, der die Statue zum Balkon brachte, wo sie überdacht steht. Typisch Bernd: Er brachte sie nach dort, während die Eltern im Altenkreis waren.

NB. Die neu geschaffene Laurentiusfigur fand bei der Bevölkerung wenig Gefallen. Zitat aus der Hülzweiler Chronik von Otto Wilhelm: <<..._auch die moderne Figur des Heiligen hat nichts von der frommen, volksnahen Statue, die einst CM. Goebel schuf. >>“.

Hülzweiler, 08.04.2002
Laurentiusstatue Nr: 1 Foto von 1930

Oskar Goebel

P.S.: Die erste Laurentiusstatue war aus Sandstein.

 Laurentiusstatue

 Foto: Aus der Sammlung von Peter Strumpler